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Hänny, Ulrich (1912 – 1984)

Ulrich Hänny kam am 18. Oktober 1912 in St. Gallen als Sohn des Architekten Ernst Hänny sen. (1880–1962) und Emma Elise Hänny geb. Hugentobler (1886–1971) zur Welt. Er hatte zwei Brüder: Ernst jun., der 1951 im Alter von nur 36 Jahren verstarb und gemeinsam mit dem Vater als Architekt tätig war, sowie Jost, der als Maschineningenieur an der ETH Zürich ausgebildet wurde.
Ulrich Hännys künstlerisches Talent wurde schon früh erkannt: Bereits 1924 wurde eine Zeichnung des damaligen Schülers in der St. Galler Schreibmappe publiziert. 1932 besuchte er die Kunstgewerbeschule in Zürich. In den folgenden Jahren war er sowohl Schüler von André Lhote an dessen Akademie in Paris als auch von Jacob Otto Rüegger in Gossau. Später lernte er bei August Wanner in St. Gallen und Herbert Ortel in Berlin. Ausserdem studierte Hänny bis 1940 Theologie in Zürich, Paris und Basel. Nach diesen Lehr- und Wanderjahren liess er sich 1944 in Basel nieder.
Der Glasmaler und Illustrator widmete sich vor allem sakralen und theologischen Sujets. Beispielsweise steuerte er für eine Jugendbibel Zeichnungen bei und illustrierte Kinder- und Märchenbücher. Hänny entwarf und realisierte Glas- und Wandmalereien oder Sgraffiti für Kirchenbauten. Seine Werke finden sich in den Kirchen in Eichberg, Engelberg und Eschlikon, aber auch in der Staatskanzlei St. Gallen. Für die Kirche in Heiden arbeitete er mit seinem Vater und seinem Bruder Ernst zusammen: Die beiden Architekten hatten nach einem Brand 1936 die örtliche Kirche wiederaufgebaut, und Ulrich Hänny fertigte 1937 ein Lünettenfenster über der Orgel dafür an, welches das heilige Abendmahl zeigt. Ebenso war die Renovierung der im 15. Jahrhundert erbauten Kirche in Gretschins/Wartau, ein regelrechtes Familienunternehmen: Vater und Sohn waren als Architekten tätig, und Ulrich Hänny und sein Onkel Karl Hänny schmückten die Kirche als Maler aus. 1945 ist eine Ausstellung mit Bruno Kirchberger im Kunstmuseum St. Gallen bekannt. Im Kunstmuseum Basel befindet sich ein Gemälde aus Öl und Tempera auf Leinwand. Es ist eine Maria mit Kind und Heiligen aus dem Jahr 1970 und geht auf eine Schenkung des Künstlers an das Museum zurück.
Im Kunstmuseum Thurgau befinden sich frühe Zeichnungen des Künstlers sowie Pläne und Entwürfe für Kirchenfenster. Zudem gibt es einen reichen Nachlass an Schriften, die aus Notizen, Gebeten, Gedichten und Briefen von Ulrich Hänny bestehen, die teils im Original und teils als Fotokopien vorliegen. In einem Briefwechsel der früheren Museumsdirektorin Elisabeth Grossmann heisst es, die Fotokopien habe der Künstler häufig an Freunde und Bekannte – und so auch an die Direktorin – geschickt. Grossmann schreibt ausserdem an Michel Thévoz, den Direktor der Collection de l’Art brut in Lausanne, dem sie Werke des Künstlers vermittelte, Hänny habe “sich […] in den Wahn verstiegen, Urheber der Basler Münsterfenster zu sein.” Im Kunsthaus Zürich befinden sich zwei seiner Entwürfe für die Basler Chorfenster. Ulrich Hännys Umfeld sei ihm mit Ablehnung begegnet, man hätte ihn für einen “Spinner” gehalten, und er sei schon mehrfach interniert gewesen, schreibt Grossman. Auch aus weiteren Unterlagen geht ein Hang zum Grössenwahn hervor: Hänny setzte horrende Preise für seine Werke an, meistens “eine Million FR”. Seine Wohnung in der Basler Färberstrasse bezeichnete er als “vierstöckiges Museum”.
Am 13. Januar 1984 verstarb Ulrich Hänny im Alter von 71 Jahren in Basel, “nach kurzem Leiden unerwartet rasch”, wie es in seiner Todesanzeige heisst.

Werke