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Erich Weber (Grillgi): Grosse Strafarbeit

Herstellungsjahr: 1986-88

Technik: Textilbild

Masse: 170 x 196 cm

Erich Weber, geboren 1956, wuchs in der Glarner Gemeinde Linthal auf. Dort absolvierte er auch eine kaufmännische Lehre. Doch bald wurde dem Jugendlichen klar, dass seine Zukunft nicht in einer Laufbahn in diesem Bereich lag: Schon während der Lehrzeit entwickelten sich künstlerische Ambitionen, und früh wählte er sich seinen Künstlernamen «Grillgi».
Ab 1979 stellte er die künstlerische Tätigkeit in den Vordergrund. Die notwendige finanzielle Basis schuf er sich durch Gelegenheitsarbeiten und durch eine jahrelange Passion, den Flohmarkt. Frühe Werkgruppen waren plastische Figuren, dramatisch-expressive Bilder mit stark plastischen Oberflächen und Arbeiten auf Papier. 1984 prägte eine Begegnung das gesamte künftige Werk Grillgis: Im Colmarer Musée Unterlinden sah er das grossformatige Textilbild «Cathédrale de Chartres» von Roger Bissière aus dem Jahr 1947. Sogleich entstanden erste Textilcollagen, und bald floss die ganze Energie des Künstlers in die Entwicklung dieses neuen Mediums. 34 Jahre liegen zwischen den ersten Textilarbeiten und Grillgis Tod. Ungefähr 150 Textilbilder mit unvergleichlicher Handschrift sind entstanden. Mit Verkäufen tat er sich zunehmend schwer, und so waren zum Zeitpunkt seines Todes noch 126 in seinem Besitz.
Schon vor den Textilbildern hatte Grillgi eine sehr ausgeprägte künstlerische Eigenständigkeit und eine frei und fantasievoll gehandhabte Gegenständlichkeit entwickelt. Seine ausgeprägten kunsthistorischen Interessen manifestierten sich immer wieder in Form von Zitaten anderer Künstler, die er sich in seinem eigenen Stil aneignete. Zitiert werden aber auch Comicfiguren oder Motive der Volkskunst oder der Kunst fremder Völker.
Die erste Phase der Textilbilder – oder «Schnurpfbilder», wie sie der Künstler nannte – fand ihren Höhepunkt in einem grossformatigen Bild, das er «Grosse Strafarbeit» nannte und an dem er 1986–88 während mehr als zweieinhalb Jahren intensiv arbeitete. Endgültig festigte sich Grillgis Einstellung zur künstlerischen Arbeit als eine äusserst zeitintensive Tätigkeit, bei der jedes Bild über eine lange Zeit hinweg Stich für Stich entstand. Die Technik wurde laufend verfeinert. Zuerst wurden die Stoffstückchen kleiner und minuziöser aufgenäht. Dann traten zunehmend Flächen auf, die mit Wollfäden gestickt wurden. Die letzten Bilder schliesslich wurden mehrheitlich mit Nähfaden gestickt.
Die Bilderwelten Grillgis erfuhren in ähnlicher Weise eine kontinuierliche Entwicklung und Erweiterung. Die «Grosse Strafarbeit» zeigt eine überbordende Tierwelt, aber auch Fabelwesen und von historischem Spielzeug inspirierte Motive. Tiere blieben für den Katzenliebhaber stets zentral. Doch das ikonografische Repertoire wurde über die Jahre hinweg fortlaufend erweitert. Themen aus der Geschichte, der Politik oder auch der christlichen Ikonografie scheinen auf – eigenwillig in neue Zusammenhänge gebracht. Die Komplexität und die Vielfalt der Figuren nehmen zu, und vermehrt treten komplexe narrative Szenen auf. Mit der Erkrankung des Künstlers 2009 mag es zusammenhängen, dass im späten Werk auch düster-pessimistische Stimmungen, Schmerz- und Gewaltmotive auftreten – diese aber stets gepaart mit der Hoffnung auf ihre Überwindung.
Das Werk in seiner Gesamtheit ist von vielschichtig-tiefgründiger Komplexität, aber auch jedes einzelne Bild mit seiner eigenen Stimmung eröffnet faszinierende Welten, die den Betrachter fordern, herausfordern und entführen.

Biografie

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