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Kunst oder was?

13. September 2015 – 16. Mai 2016

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Farbexplosion, 1997. Arbeit aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen. Foto: Mirjam Wanner
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Frauenporträt, um 1962. Arbeit aus dem Archiv der ehemaligen Psychiatrischen Klinik Bellevue, Kreuzlingen. Foto: Mirjam Wanner.
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Der Froschteich. Collage aus dem Archiv der ehemaligen Psychiatrischen Klinik Bellevue, Kreuzlingen. Foto: Mirjam Wanner.
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Edina Anson: Hampelmann, um 1970. Arbeit aus dem Archiv der ehemaligen Psychiatrischen Klinik Bellevue, Kreuzlingen. Foto: Mirjam Wanner.
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Ausstellungsansicht Kunst oder was?, Kunstmuseum Thurgau, 13.9.2015 bis 16.5.2016.
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Ausstellungsansicht Kunst oder was?, Kunstmuseum Thurgau, 13.9.2015 bis 16.5.2016.
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Ausstellungsansicht Kunst oder was?, Kunstmuseum Thurgau, 13.9.2015 bis 16.5.2016.
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Ausstellungsansicht Kunst oder was?, Kunstmuseum Thurgau, 13.9.2015 bis 16.5.2016.

Bildnerisches Gestalten im Spannungsfeld von Therapie und Kunst

In Kunsttherapien wird die Gestaltung von Bildern oder Objekten zur Behandlung von psychischen Störungen eingesetzt. Je nach Diagnose gelangen verschiedene gestalterische Ausdrucksformen zum Einsatz. Während solchen Therapien können Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte von Bildern entstehen. Was in der Alltagssprache gemeinhin „Kunsttherapie“ genannt wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein breites Feld verschiedenster Möglichkeiten des Einsatzes bildnerischer Mittel in Therapien, das vom einfachen Malen und Zeichnen bis hin zur umfassenden Gestaltungstherapie mit Musik und Theater reicht - immer mit dem Ziel, Menschen zu helfen.

Auch im Kanton Thurgau kamen kunsttherapeutische Methoden früh zu Anwendung. Schon in der berühmten Sammlung Prinzhorn, die kurz nach dem 1. Weltkrieg zusammengestellt wurde, finden sich Beispiele bildnerischer Arbeiten von Patientinnen aus der legendären Kreuzlinger Privatklinik Bellevue der Familie Binswanger. Und im Archiv der psychiatrischen Klinik Münsterlingen liegen tausende von Zeichnungen, Bildern und Objekten, die seit den 1960er Jahren von der vielfältigen Therapiearbeit mit bildnerischen Mitteln zeugen.

Die Überlieferung der Materialien aus der Klinik Bellevue ist dem Einsatz des Kunsttherapeuten Silvio Lütscher zu verdanken, der die Bilder und Objekte vor der Stilllegung der Privatklinik aus der Mülltonne rettete. Auch viele der erhalten gebliebenen Konvolute im Archiv von Münsterlingen entstammen seiner Arbeit mit Patienten, die er immer wieder zu unkonventionellen gestalterischen Produktionen anregte.

Im Lauf der Jahre entstand so in Münsterlingen eine mehrere tausend Werke umfassende Sammlung von Arbeiten aus der Kunsttherapie, die heute als Grundlage für die Ausstellung von „Kunst oder was?“ dient. Bilder aus der Psychiatrie vermögen Aussenstehende oft zu faszinieren, weil in diesen unkonventionellen Bildfindungen oft besondere Ursprünglichkeit und Direktheit entdeckt wird. Der Künstler Jean Dubuffet radikalisierte diese Vorstellung mit der Prägung des Begriffs „art brut“ gar soweit, dass er meinte, dass nur in den psychiatrischen Kliniken überhaupt noch echte Kunst entstehen könne.

Allerdings ist längst nicht jedes Bild, das während einer Therapie entsteht, ein Kunstwerk. Die Ausstellung „Kunst oder was?“ erforscht die Beziehung zwischen Kunst und Therapie und fragt danach, ob die besondere Emotionalität, die Menschen in der Psychiatrie oft bestimmt, ausreicht, um aus einer Zeichnung ein Kunstwerk zu machen. Anhand einer Auswahl von Bildern und Objekten aus dem bis anhin noch nie gezeigten Archiv von Münsterlingen wird der Grenze zwischen Kunstwerk und therapeutischem Material nachgespürt. Zudem spiegelt die Ausstellung die Entwicklung der Kunsttherapie seit den Zeiten der Klinik Bellevue bis heute.

Die Ausstellung „Kunst oder was?“ ist Teil einer intensiven Auseinandersetzung des Kunstmuseums Thurgau mit Aussenseiterkunst. Ausgangspunkt dieses Tätigkeitsbereichs war nicht zuletzt der Nachlass des naiven Malers Adolf Dietrich, der als Autodidakt bis heute eine Ausnahmeerscheinung in der Schweizer Kunst geblieben ist. Werke weiterer namhafter Künstler wie André Bauchant, Josef Wittlich oder Hans Krüsi bilden heute eine einzigartige Sammlung, die das Museum europaweit als ein wichtiges Kompetenzzentrum für Aussenseiterkunst auszeichnet.

Zur Ausstellung erschien eine Publikation mit Texten von Gerhard Dammann, Christiane Jeckelmann, Markus Landert, Silvio Lütscher, Thomas Meng und Rebekka Ray. Im Museumsshop erhältlich.

Ausstellung und Publikation entstehen in enger Zusammenarbeit des Kunstmuseums Thurgau mit der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen, die im Jahr 2015 ihren 175. Gründungstag feiert.


Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung:

So 13. September 2015, 11.30 Uhr

Vernissage: "Kunst oder was?"
Mit Einführungen von Gerhard Dammann, Thomas Meng und Markus Landert.

Mi 16. September 2015, 18 Uhr
Einführung für Lehrpersonen und Interessierte in die Ausstellung "Kunst oder was?". Anmeldungen bitte bis Dienstag, 15. September 2015 an sekretariat.kunstmuseum[at]tg.ch oder 058 345 10 60

Di 17. November 2015, 18 Uhr
Feierabend im Museum: Aussenseiterkunst. Ein schwieriger Begriff?
Vortrag aus der Serie "Kunst einfach erklärt" von Markus Landert

Do 10. Dezember 2015, 18 Uhr
Feierabend im Museum: 163 x Mittwoch
Gespräch über einen zeichnerischen Dialog von und mit René Schmid und Thomas Meng

Di 1. März 2016, 18 Uhr
Feierabend im Museum: Sicher ist sicher ist sicher
Tanja Kummer liest aus ihrem neusten Buch.

Mi 16. März 2016, 18 Uhr
Buchvernissage der Begleitpublikation zur Ausstellung "Kunst oder was?"

Fr 8. April 2016
"Im Dunkelwasser fischen"
Ein Bühnenstück von und mit Micha Stuhlmann, Raphael Zürcher, Marc Jenny und weiteren Akteurinnen und Akteuren.