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Im Rausch

5. Juni 2016 – 18. Dezember 2016

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Annelies Strba: Sukikawa 12, 2016, Detail, Pigmentdruck auf Leinwand, 100 x150cm © Annelies Strba/ProLitteris Zürich
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Ueli Alder: Walser rauchend, 2015, Anthotypie aus Tabak, 25 x 30 cm.
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Artur Zmijewski (with Pawel Althamer): So Called Waves and Other Phenomena of the Mind, 2003-4. Courtesy the artists and Galerie Peter Kilchmann, Zürich.
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Carsten Höller: Giant Multiple Mushrooms, 2013 verschiedene Materialien, Höhe 350 cm, Middelheimmuseum, Antwerpen, Photo: Joris Casaer, Courtesy the artist, © Carsten Höller/ProLitteris, Zürich
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Pipilotti Rist: Mercy Garden, from the Mercy Work Family, 2014 Installation view, Hauser & Wirth, 'Stay Stamina Stay', Somerset, England (2014) Photo: Ken Adlard Courtesy the artist and Hauser & Wirth
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Aurelia Mihai: Unter freiem Himmel, 2007, Video still
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Ausstellungsansicht "Im Rausch" mit Werken von Rachel Lumsden und Heiko Blankenstein, Foto: Mirjam Wanner
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Ausstellungsansicht "Im Rausch" mit Werken von Donato Amstutz und Annelies Strba, Foto: Mirjam Wanner

Zwischen Höhenflug und Absturz

Der Rausch ist ein einziger Widerspruch: Er steht für Verschwendung, Kontrollverlust und Abhängigkeit – und trotzdem oder gerade deswegen suchen wir ihn. Der Mensch will nicht immer vernünftig sein. Und es gibt nicht den einen, sondern unendlich viele Rauschzustände – vom Glücksrausch über die Wahrnehmungserweiterung bis hin zur Betäubung.
In unserer zweckorientierten Gesellschaft scheinen Drogen mittlerweile mehr der Leistungssteigerung denn der Erlangung anderer Bewusstseinsebenen zu dienen. Gleichzeitig werden andere „Rauschformen“ wichtiger: Man joggt sich in ein Endorphin-High und meditiert, jagt mit 200 km/h aus dem Alltag oder immer der perfekten Welle hinterher, man berauscht sich in den virtuellen Weiten des Internets an Simultanität, Anonymität und Masse und frönt dem Konsumrausch.
Der Rausch hat heute viele Gesichter, doch was all die verschiedenen Rauscherfahrungen eint, ist ihre Tendenz zum Ozeanischen, zur Entrückung und Loslösung vom Ich. In vielen Religionen gelten Rauschzustände als Wege, um mit höheren Mächten in Kontakt zu treten. Zum Rausch führen der Konsum bestimmter Substanzen oder auch der gezielte Verzicht sowie die Aktivierung körpereigener Stoffe wie beispielsweise Dopamin oder Endorphine.
Die Kartäusermönche wählten den Verzicht. Der Einsiedler- und Schweigeorden suchte durch meditative Versenkung in der Einsamkeit die spirituelle Ekstase, die auch als rauschhafter Zustand beschrieben wird. Für den konventionellen, weltlichen Rausch sorgte im Thurgau der Weinbau. Er brachte den Kartäusern den Wohlstand, der die bescheidene Klosterkirche zu einem schwindelerregend farb- und formenreichen Gesamtkunstwerk vewandelte. Aus heutiger Sicht lässt sich anhand dieses Bild gewordenen Rauschzustands eine Linie von der Spiritualität über den Rausch zur Kunst ziehen.
Auf ihren Spuren bewegt sich die Ausstellung "Im Rausch. Zwischen Höhenflug und Absturz". Film, Fotografie und Rauminstallationen, Malerei und Grafik entführen in künstlerische Versuchslabore, psychedelische Farbkosmen und andere rauschhafte Welten. Pipilotti Rists erstmals in der Schweiz präsentierte Wunderwelt „Mercy Garden“ lässt uns eintauchen in einen ozeanischen Sog magisch-verspiegelter Bewegtbilder. Eigens für die Ausstellung entwarf Carsten Höller einen seiner riesigen „Triple Mushrooms“, welcher verschiedene halluzinogenen Pilze in einer fantastisch-surrealen Skulptur vereint.

Welche Rolle spielt der Rausch für die Gegenwartskunst? Ist der "Flow" an die Stelle des "Rauschs" getreten? Wird heute das Publikum von immer grösseren Kunstspektakeln berauscht? Welche Bilder produziert die Kunst im Rausch und welche Mittel findet sie für das visionäre Sehen?
Diesen Fragen geht die thematische Gruppenausstellung nach. Dabei führt der Rausch auf einen schmalen Grat zwischen Höhenflug und Absturz. Mit der Kunst verbindet ihn die Sehnsucht nach dem erträumten, visionären und transzendentalen Moment.

Werke von u.a.:
Ueli Alder, Donato Amstutz, Heiko Blankenstein, Felix Brenner, Helen Dahm, Co Gründler, Carsten Höller, Susanne Hofer, Kühne/Klein, Rachel Lumsden, Aurelia Mihai, Meret Oppenheim, Ursula Palla, Oliver Pietsch, Pipilotti Rist, Sarah Schönfeld, Kerim Seiler, Annelies Štrba, Andreas Walser, Artur Żmijewski (mit Pawel Althamer)
International bekannte Positionen der Gegenwartskunst werden gemeinsam mit künstlerischen Arbeiten aus einem engeren geografischen Radius präsentiert.

Publikation:
Zur Ausstellung ist ein deutsch-englischer Katalog im Verlag für moderne Kunst mit Texten von Markus Landert, Stefanie Hoch und Rebekka Ray. Gestaltung: Urs Stuber

Beitrag auf arttv.ch hier.

Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung:

Di 4. Oktober, 18 Uhr: Feierabend im Museum: Innovation und Grenzüberschreitung. Vortrag in der Serie „Kunst einfach erklärt“ von Museumsdirektor Markus Landert

Di 1. November, 18 Uhr: Vernissage zur Klanginstallation „Balgerei“ von Urban Mäder und Peter Allamand, mit musikalischer Intervention von Akkordeonist Hans Hassler. Die Klanginstallation ist bis einschliesslich 8. November zu sehen

Di, 8. November, 18 Uhr: Feierabend im Museum: Im Rausch der Bilder: Künstlergespräche mit Ueli Alder, Ursula Palla und Annelies Štrba

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Jahresthema „Rausch“ im Ittinger Museum und im Kunstmuseum Thurgau
Seit über 600 Jahren wird in der Kartause Ittingen Wein gezüchtet und gekeltert. Das Phänomen „Rausch“ ist nicht nur durch den Weinbau spezifisch mit diesem Ort verbunden. Auch das Streben der bis 1848 hier ansässigen Mönche, durch Meditation und Selbstversenkung andere, auch rauschhafte Bewusstseinszustände zu erreichen, ist insbesondere für Einsiedlerorden wie die Kartäuser von zentraler Bedeutung.

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