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Gerz, Jochen (1940)

Jochen Gerz an der Pressekonferenz für woher wohin Foto: Falk von Traubenberg, © Kunstmuseum

Jochen Gerz, geboren 1940 in Berlin, lebt in Paris und gehört zu den weltweit bekannten Künstlerpersönlichkeiten. Mit seinen Projekten für den öffentlichen Raum hat er neue Formen des künstlerischen Ausdrucks entwickelt und das Verhältnis zwischen Künstler und Publikum radikalisiert. Sein spezifisches Verständnis von öffentlichem Raum, Kommunikationsstrategien und kulturellem Transfer spiegelt sich in zahlreichen Projekten wider. So setzt Jochen Gerz seit den Sechzigerjahren, zum Beispiel in der „Bremer Befragung“ von 1995, auf den Dialog mit den Bürgern und damit auf die Autorenschaft des Betrachters. Der Auftrag für ein Kunstwerk im öffentlichen Raum garantiert kein Objekt mehr. Der Auftrag initiiert vielmehr, vermittelt durch die Arbeit des Künstlers, einen Dialog in der Öffentlichkeit. Man kann vom gelebten Kunstwerk sprechen. Auch der Begriff der Demokratie gewinnt in diesem Kontext eine neue Dimension.
Mit der „Plural Skulptur“ von 1996 bedient der Künstler sich erstmals des Internets. Die hier gestellte Frage richtet sich wie schon 1970 an unbekannte Adressaten: „Wenn die Kunst die Macht hätte, ihre Zeit zu verändern, was würden Sie sich wünschen?“ Im Mittelpunkt steht die Teilnahme des Einzelnen und die Bereitschaft zur eigenen Äusserung. Die plurale Skulptur ist der Gesamtkörper aus den Wünschen, Hoffnungen und Forderungen, die die Kunst weckt.
Im Ruhrgebiet fragt Gerz 1996 in grossen Inseraten: „Wenn das 20. Jahrhundert noch einmal stattfände, was würden Sie ändern?“. Die Antworten der Leser gingen zurück an die Zeitung und gehören zu den beeindruckendsten Beispielen der öffentlichen Kunst. Der Wunsch, die Vergangenheit zu ändern, gehört zu den unverwechselbaren Merkmalen der deutschen Nachkriegsgenerationen.
Im „Future Monument“ 1998-2004 werden die Einwohner von Coventry eingeladen, ihre Feinde zu nennen: “Wer waren die Feinde von gestern?” Vor dem gläsernen Obelisken sind die meistgenannten Nationen auf Glasplatten versammelt. Darauf steht:
Für unsere deutschen Freunde
Für unsere britischen Freunde
Für unsere französischen Freunde
Für unsere japanischen Freunde
Für unsere russischen Freunde
Für unsere spanischen Freunde
Für unsere amerikanischen Freunde
Für unsere türkischen Freunde
Coventry wurde 1942 von deutschen Bomben zerstört. Der Künstler hat sich die Arbeit auch hier nicht leicht gemacht.

Bibliografie

“Jochen Gerz. Miami Islet”, Kunstmuseum Thurgau (Hrsg.), Sulgen 2002

“Jochen Gerz: Werkkatalog”, Nürnberg 2000

“Jochen Gerz: Weltkarte w o h e r w o h i n”

Ausstellungen

Werke

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