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Oertig, Willi (1947)

Portrait Willi Oertig, Kradolf, 2012, Fotografie: Lukas Fleischer

Willi Oertig wurde am 25. Februar 1947 in Zürich geboren. Gemeinsam mit seinen zwei Brüdern wuchs er in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Die Eltern, aufgrund einer Bürgschaft für einen Verwandten stark verschuldet, waren beide berufstätig und wenig zu Hause. Der Vater arbeitete als Elektromechaniker in einer Fabrik in Zürich und die Mutter als Büroangestellte. Oertigs Kindheit war geprägt von Geldnot und Rastlosigkeit. Insgesamt 18 Mal wechselte die Familie innerhalb von Zürich ihre Wohnung, was dem Jungen erschwerte, Freundschaften zu schliessen und zu pflegen. Halt fand er im Fussballspiel, dem er leidenschaftlich frönte.

Nach der Schule wollte er sich zum Offsetdrucker ausbilden lassen, was an seiner teilweisen Farbenblindheit scheiterte. Es folgten zwei Lehren im Büro und Verkauf, die er aber beide abbrach. Schlussendlich absolvierte und beendete er eine Ausbildung zum Plandrucker und arbeitete danach bis 1972 in diesem Beruf in einem Kleinbetrieb in Zürich.

Schon während der Lehre begann Willi Oertig zu malen. Als 17-Jähriger erhielt er von seiner Mutter einen Malkasten mit Ölfarben und einem Anleitungsheft geschenkt, welches er heute noch besitzt. Es ist eines von vielen Dokumenten, die der Künstler in seinem Atelier in fast penibel anmutender Ordnung aufbewahrt. Es sollte die einzige „künstlerische Ausbildung“ bleiben, die der Autodidakt erhielt.

Nach beendigter Lehre zog Willi Oertig 1967 zuhause aus und bezog im Zürcher Niederdorf ein kleines Zimmer. In dieser Zeit entstanden seine ersten Altstadtbilder. Er erstellte Skizzen vor Ort oder benutzte Postkarten und Zeitungsbilder als Vorlagen. Mit Tusche zeichnete er dann die Umrisse seiner Objekte auf die Leinwand, und scheute sich auch nicht, Bleistift und Lineal zu Hilfe zu nehmen. Die freien Flächen füllte er mit Ölfarben aus. Verlassene Häuser und leere Strassen zählten zu seinen wichtigen Sujets, die die von ihm als Kind erfahrene Isolation und Einsamkeit spiegelten.

Kaum 20 Jahre alt geworden, erwarb Willi Oertig im Jahr 1967 von seinem ersparten Geld ein kleines Rustico im Valle Verzasca im Tessin, das er für längere Wochenendaufenthalte und Ferien mit seiner damaligen Freundin nutzte. In dieser Zeit entstanden neben seinen Stadtbildern einige Aktdarstellungen von seiner Freundin, die zu den wenigen Porträts zählen, die Oertig malte.

1971 bot ihm die erste juryfreie Weihnachtsausstellung in den Züspahallen in Zürich die Gelegenheit, seine Bilder einem grossen Publikum vorzustellen. Unsicher über die von ihm angesetzte Höhe der Preise liess er diese kurzfristig telefonisch noch heruntersetzen. Als er die Ausstellung besuchte, traute er seinen Augen nicht: Alle 13 ausgestellten Bilder waren verkauft. . Die Nachfrage war derart gross, dass ein Werk versehentlich gleich fünfmal versprochen worden war. Oertig wurde von der Presse als Naiver Künstler und Neuentdeckung richtiggehend gefeiert. Obwohl ihm seine Arbeitgeberin 1972 die Plandruckerei überlassen wollte, setzte er von nun an auf die Kunst und bestreitet seither seinen Lebensunterhalt ausschliesslich aus der Malerei.

1972 folgte seine erste grosse Einzelausstellung in der damaligen Kunstkammer im Strauhof in Zürich. Auch hier wurde Willi Oertig von seinem Erfolg überwältigt. 36 der 37 ausgestellten Bilder wurden verkauft.

1973 kaufte Willi Oertig in Fägswil bei Rüti im Zürcher Oberland ein kleines Flarzhaus, das er im Tausch gegen das Tessiner Feriendomizil erwerben konnte. Oertig unternahm in jener Zeit auch mehrere Reisen. Er fuhr nach Paris, Venedig, London und Wien und 1974 flog er nach New York. Von diesen Reisen nahm er viele Eindrücke mit nach Hause, aus denen etliche Bilder entstanden.

1974 stellte Willi Oertig erstmals im damals renommierten Kunstsalon Wolfsberg in Zürich aus. Danach folgten in dieser Galerie und an verschiedenen weiteren Orten immer wieder umfangreiche Ausstellungen zu Willi Oertigs Schaffen.

1977 lernte Willi Oertig die Buchhändlerin Edith Hollenstein kennen. 1988 heirateten die beiden. Noch im selben Jahr kam ihr Sohn Beda zur Welt.

1989 zog Willi Oertig nach Kümmertshausen in den Thurgau. 1994 erfolgte ein weiterer Umzug nach Kradolf, wo er das alte Gasthaus Krone erwarb und zum Wohnhaus umbaute. Sein Atelier hatte er in der ehemaligen Teigfabrik bezogen. Im Jahr 2000 liess er sich neben seinem Wohnhaus ein eigenes Atelierhaus bauen, in dem er bis heute täglich arbeitet. Mittlerweile hat Oertig über tausend Bilder gemalt.

Ausstellungen

Werke

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