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Helen Dahm: Bewegung blau (kreisende Meteoren)

Helen Dahm, "Bewegung blau (kreisende Meteoren)", um 1957, Öl auf Leinwand, 68 x 105 cm, Kunstmuseum Thurgau

Herstellungsjahr: um 1957

Technik: Öl auf Leinwand

Masse: 86 x 105 cm

Das Bild Bewegung blau (kreisende Meteore) vereint viele Gegensätze in sich: Dick, aber durchaus mit Schwung ist die weisse Ölfarbe auf die Leinwand gebracht. Die zähe Masse vollführt eine schwungvolle Bewegung über viele, ineinander verfliessende Schichten. Der Hintergrund könnte das von Sternennebeln durchzogenes Weltall andeuten. Eine weitere Interpretation wäre ein Satellitenbild, das die Erde von oben zeigt, oder aber auch der Blick auf einen mikroskopisch kleinen Zellhaufen, ins Unendliche vergrössert. Der Titel verweist auf die Weiten des Alls, wobei – wie so oft bei Helen Dahms Bildern – nicht sicher ist, ob sie den Bildtitel selbst prägte oder andere Personen dafür verantwortlich sind, wie etwa der opulent formulierende Kunstkritiker und Freund Max Eichenberger.
1957 entstanden, gehört das Bild zu den ersten abstrakten Motiven von Helen Dahm. Für die Gefühlslage im Herbst 1957 wurde der Begriff „Sputnikschock" geprägt – die USA waren beim Wettlauf ins All durch den Flug des ersten künstlichen Erdsatelliten von Russland überrumpelt worden. Zum ersten Mal umkreiste ein künstlicher Himmelskörper die Welt, wodurch sich plötzlich ganz neue Perspektiven möglicher Reisen ins All ergaben.
Für Helen Dahm war das Ereignis schockierend wie inspirierend. Unter dem Eindruck dieser neuen Entwicklungen machte sie sich selbst, beinahe 80-jährig auf, neue Räume zu erforschen und ihre eigenen himmlischen Sphären zu erkunden.

Die Farbe auf dem Gemälde ist so dick aufgetragen, dass sie im Lauf der Zeit brüchig wurde. Zuweilen verwendete Helen Dahm auch Gips und Fangomasse für ihre Bilder, oder sie malte mit Kaffeerahm. Als Bildträger setzte sie Styroporplatten ein oder benutzte so wenig beständiges Material wie Cellophanfolie. Über die Haltbarkeit ihrer Bilder machte sich die Künstlerin offensichtlich nicht viele Gedanken.
In den getropften, gespritzten und verfliessenden Strukturen scheint Helen Dahm nach der reinen Bewegung zu suchen, nach Richtungs- und Energieflüssen, nach der Manifestation einer Form im Moment. Ihre Raumgitter und andere Fliessbilder zeugen von der fortwährenden Suche nach dem Wesen der Dinge, nicht um sie festzuhalten, sondern um sie für einen Augenblick nur sichtbar zu machen. Die Urform und ihre Flüchtigkeit werden in solchen späten Gestaltungen von Helen Dahm eins.

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