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Jochen Gerz: WOHERWOHIN

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Jochen Gerz an der Pressekonferenz für woher wohin Foto: Falk von Traubenberg, © Kunstmuseum
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Jochen Gerz: Weltkarte © Kunstmuseum / Jochen Gerz

Herstellungsjahr: 2004

Technik: Plakat

„Kennen Sie Ihre Herkunft? Was wissen Sie von der Geschichte Ihrer Familie und ihrer Vorfahren? Wo würden Sie am liebsten leben, wenn Sie wählen könnten?“ Diese Frage stellte Jochen Gerz im Frühjahr 2004 der Bevölkerung rund um den Bodensee. Im Auftrag des Internationalen Bodenseefestivals thematisierte der in Paris lebende Künstler für die Bewohner einer Region, die sich über drei Nationen erstreckt, die Identitätsfrage - unabhängig von Staatsgrenzen und Nostalgien. Das Projekt wurde am 22. Mai 2004 mit einem Fest auf der Bodenseefähre Euregia abgeschlossen. Die Frage bleibt aktuell, für alle, jederzeit. Damit die Frage ihr Publikum erreichte, setzte Jochen Gerz unterschiedliche Kanäle ein. Ein wichtiger Weg zum Publikum waren die Medien. Die als Medienpartner im Projekt mitwirkenden Zeitungen erhielten eine zentrale Bedeutung. Jochen Gerz rekurrierte mit Erfolg auf die Verantwortlichkeit der Medien im und für den kulturellen Raum und konnte seine Fragen in oft ganzseitigen Zeitungen rund um den See platzieren. Die Arbeit liess so die Zeitung als Katalysator von Öffentlichkeit sichtbar werden. Nur in der Zusammenarbeit mit den Medien konnte jener offene künstlerische Dialog erreicht werden, den Jochen Gerz immer wieder sucht. Die Medien standen im Zentrum, sie sind „der Ort der Skulptur", meinte der Künstler.

Die zweite Säule der Kommunikation bildeten über siebzig Organisationen aus dem kulturellen und kommunalen Bereich. Kulturelle Vereine, Museen, Galerien, Amtsstellen und Ausländervereinigungen verteilten die Einladung von Jochen Gerz in alle Winkel der Region. Die beteiligten Institutionen und ihre Mitarbeiter waren mehr als nur Instrumente im Dienste von Kunst und Künstler. Sie wurden zur eigentlichen Drehscheibe des Kunstwerkes. Der Fragesteller war nicht allein Jochen Gerz, sondern auch die jeweilige Institution, die sich die Frage zu eigen machte. Erst durch eine solche Resonanz gewann die Einladung mithilfe der Zeitungen der Region, der Bildungsorganisationen, der Kulturorganisationen und –gruppen ihre Wirkung.
Die Antworten - insgesamt über 2000 - wurden im Kunstmuseum Thurgau gesammelt. Die so entstehenden Listen wurden zu einer Weltkarte zusammengestellt. Diese verzeichnet die Wohnorte, die Herkunftsorte und die Wunschorte der Autoren. So werden Verdichtungsräume, Zentren oder auch vergessene Orte sichtbar. Eine Weltkarte hat es in dieser Form noch nicht gegeben. In ihr zeigen sich die Wechselwirkungen von fremden und vertrauten Blickwinkeln. Der Bodenseeraum erfährt eine ungewöhnliche Einbettung in die Welt.

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