Direkt zum Inhalt springen
  • Drucken
  • Sitemap
  • Schriftgrösse

Golz-Fleischmann, Renate

Was macht Michael Golz zum Aussenseiter und seine Kunst zur Aussenseiter Kunst?

Michael ist geistig behindert durch eine massive Schädigung seines Gehirns als Folge einer Virus-Infektion durch die Pockenschutz-Impfung. Aus einem hellwachen, lebhaft an seiner Umwelt interessierten Kind war innerhalb von 5 Tagen bei anhaltend 41° Fieber ein anderes geworden. Er war in sich selbst gefangen, sein ICH war ihm abhandengekommen. Seine Bewegungen wurden ziellos und seine Beschäftigungen sinnlos. Später, als er einen Buntstift in die Hand bekam, begriff er zunächst nicht, was man damit machen kann.
Als aber dieses Problem gelöst war, das war, als ob eine Schleuse geöffnet worden wäre. Nach den ersten gelungenen Krakeleien nahmen seine Zeichnungen eigenwillige Formen an. Sein künstlerisches Talent war unverkennbar.
Da Zeichnen und Malen seine allgemeine Entwicklung positiv beeinflusste, suchte ich nach einer geeigneten Schule. Diese fand ich in Eckwälden in der Schwäbischen Alb, eine Internatsschule für geistig behinderte und lernbehinderte Kinder, deren spezielle anthroposophisch geprägte therapeutische Erziehung geistige und kreative Ressourcen weckt und fördert.
Michael war 10 Jahre in Eckwälden. Die 3 ½ Monate Ferien verbrachte er zu Hause. Nach der Schulentlassung äusserte er den Wunsch, Gärtner zu werden. Nach der Ausbildungszeit in weiterführenden anthroposophischen Einrichtungen kam er nach Dalle in der Lüneberger Heide, eine dörfliche Gemeinschaft für schulentlassene junge Erwachsene aus Eckwälden. Hier wartete ein grosser Garten auf Michael – und kreatives Gärtnern (biologischer Anbau). Auch als Gärtner hat er seine künstlerische Tätigkeit nie unterbrochen. In den dort angebotenen Malkursen verfeinerte er seine Zeichentechnik.
Später kam „sein“ Gärtner bei einem Autounfall ums Leben, da änderte sich alles für Michael.
Nach einem gescheiterten Versuch, ihn ins normale Berufsleben zu integrieren, kam er schliesslich in die Garten-Abteilung der WfB der Fliedner-Stiftung Mülheim. Hier werden Auftragsarbeiten ausgeführt; Michael vermisste das kreative Gärtnern, so wie er es in Dalle kennen gelernt hatte. Seine Unzufriedenheit hatte aber auch einen positiven Effekt: Er konzentrierte sich umso mehr auf seine Kunst und begann den Athos-Plan zu zeichnen. Er fing mit einem DIN A 4 Blatt an. Der Athos-Plan hat inzwischen eine Dimension von ca. 15 x 20 Metern erreicht und ist nahtlos zusammengesetzt aus etwa 8000 Blättern. Michael kündigte 2012 in der Werkstatt, nachdem er zuvor in eine eigene Wohnung gezogen war (betreutes Wohnen).

„Michael Golz eroberte sich Stück für Stück eine eigene Phantasiewelt, in der die Zeichnungen Funktionen von Ansichtskarten einer fiktiven Realität erfüllen“. (Thomas Röske, „Michael Golz, ‚Athosland‘, in: Ausst.Kat. Michael Golz. Athosland. Galerie Art Cru, Berlin 2012, S.4-5)

„Michaels dynamische perspektivisch perfekt gezeichneten fiktiven Orte und Landschaften, seine originellen Bildgeschichten, das Langzeitprojekt seiner Phantasielandschaft „Athos“ sind Werke eines Menschen, der als originärer Künstler zu verstehen ist. Wie Michael sich trotz Behinderung zu sich selbst durchgekämpft hat, ist seiner vitalen kreativen Kraft zu zuschreiben.“ (Dorothée Golz).

Biografie