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Helen Dahm: Urtier

Helen Dahm, "Untier", 1966, Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 100 cm, Kunstmuseum Thurgau

Herstellungsjahr: 1966

Technik: Mischtechnik auf Leinwand

Masse: 100 x 100 cm

Nachdem Helen Dahm ab 1956 die Weiten der Abstraktion erkundet hatte, kehrte sie in den 1960er-Jahren auch zu gegenständlichen Motiven zurück. 1966 entsteht ein symbolisch aufgeladenes Bild mit dem Titel Urtier. Rot und übergross hat die Künstlerin das Bild unten links mit ihrer frühen, rechts mit ihrer späteren Signatur versehen.

Das Bild zeigt im Zentrum ein schemenhaft angedeutetes Wesen, das von einer Schlange umfangen wird. Allein für das Symbol der Schlange gibt es ganz unterschiedliche Deutungen. Die Schlange, die einen Kreis formt, indem sie sich selbst in den Schwanz beisst, ist schon aus der Ikonografie des Alten Ägypten und der Antike bekannt: Es ist der sich selbst verzehrende Ouroboros, ein archetypisches Bild des ewigen Kreislaufs. Helen Dahm setzte sich mit solchen Bildern durch ihre Beschäftigung mit den Theorien des Psychoanalytikers C.G. Jung auseinander, den sie auf ihrer Suche nach spirituellen Erkenntnissen wohl auch persönlich kennengelernt hatte.

Es könnte aber auch die biblische Schlange sein, die Helen Dahm bereits in ihren früheren Darstellungen vom Paradies als Verführerin gezeigt hatte. Sie kehrt nun zurück, selbst zum Symbol ewiger Wiederkehr geworden.

Die Schlange hält auf diesem Bild ein anderes Wesen umschlungen – halb schützend, halb bedrohlich. Dieses Urwesen ist im Kreislauf beides: gefangen und geborgen. Es lässt sich nicht eindeutig bestimmen, was für ein Wesen die Schlange da hält. Ist es der Mann im Mond, ein Symbol für die Welt, ein eben erst sich bildendes Wesen? Helen Dahm interessierte sich bis ins hohe Alter auch für die aktuellen Bildwelten ihrer Zeit, daher ein Hinweis auf ganz andere Visualisierungen:
In den späten 1950er-Jahren lieferte nicht nur die Raumfahrt neuartige Einblicke in die Weiten des Weltraums, sondern auch die Medizin beeindruckende Darstellungen aus dem Inneren des menschlichen Körpers: 1958 wurden die ersten Ultraschallbilder von Embryonen gemacht. Vielleicht hatte Helen Dahm diese schemenhaften Schwarzweissbilder vor Augen, als sie das seltsame Wesen im Abdruckverfahren auf die Leinwand brachte. Schwanger mit der Kunst?

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