Barnabàs Bosshart: Nord - Nordost
20. Juni 1998 – 25. Oktober 1998
Oberflächlich betrachtet ist der Thurgau eine Region ohne Eigenschaften und das Bild, das der Thurgau von sich macht, ist ein unscheinbares. "Der Thurgau ist der Kanton des Durchschnitts und der Mitte" meinte vor nicht allzu langer Zeit Regierungsrat Philipp Stähelin und der Tages-Anzeiger doppelte nach: "Andere würden sagen; der Kanton der Mittelmässigkeit. Denn wenn eine Eigenschaft den Thurgau kennzeichnet, dann jene, dass er keine hat. Extreme sind dem Thurgau grundsätzlich zuwider. Es gibt im Kanton keine grosse Stadt und keinen hohen Berg. Die Landschaft ist sanft hügelig und erscheint besonders im Frühling in lieblichen Farben. ..." Und so bleibt der Thurgau im Bewusstsein vieler Leute ein landwirtschaftlicher Kanton ohne besondere Kennzeichen, eine Region, aus der die gute alte Zeit noch nicht gänzlich verschwunden ist, ein Stück Schweiz, das ohne eigenes Profil das leere Feld zwischen den Zentren ausfüllt.
Im Projekt "Nord-Nordost" hat sich Barnabàs Bosshart das Ziel gesetzt, von dieser Mittelmässigkeit ein Bild zu machen, für sich und für alle andern. Seine Streifzüge durch den Thurgau haben so durchaus den Charakter einer ethnografischen Expedition. Mit Akribie spürt er dem Leben dieser Region nach, die ihm gleichzeitig bekannt und fremd ist. Barnabàs Bosshart ist im Thurgau aufgewachsen, lebt aber seit Jahren die meiste Zeit in Brasilien. Dort hat er die Wärme und Emotionalität gefunden, die ihm selber entspricht. Der Blick von Barnabàs Bosshart auf den Thurgau ist somit gleichzeitig intim und fremd. Er geht nahe an die Menschen heran, schaut ihnen ins Gesicht. Und bleibt doch immer distanziert, schaut mit Respekt und einer Perspektive, die geprägt ist durch eine gänzlich andere Lebenserfahrung.
Barnabàs Bossharts fotografische Bestandesaufnahme zeitigt ein irritierendes Ergebnis: ein Bild des Thurgaus, das gleichzeitig fremd und doch vertraut ist. Es ist nicht mehr das Bild jenes ländlich geprägten Thurgaus mit Pferdefuhrwerken und "Seegfrörni", den noch Hans Baumgartner mit unübertroffener Stimmigkeit porträtiert hat. Zwar gibt es auch bei Barnabàs Bosshart die stimmungsvollen Landschaften. Aber sie sind durchfurcht von Eisenbahn und Strasse. Landwirtschaftliche Produktion ist auch bei ihm ein Thema. Aber den Störmetzger von ehemals hat er nicht mehr gefunden. Dafür die Ausländerin, die mit ihren Kolleginnen in der automatisierten Geflügelmetzgerei täglich hunderte von Truten schlachtet, oder die Arbeiter in den ultrahygienischen Fabriken heutiger Nahrungsmittelproduktion. Und auch er zeigt uns Folklore und Brauchtum. Aber nicht mehr nur den Bettags-Ritt auf dem Nollen, sondern ebenso Out in the Green oder das türkische Ringen mit Teilnahme von Schweizer Ringern in Weinfelden. Es ist offensichtlich: Von jenem ländlich geprägten Thurgau gibt es nur noch Spuren. Barnabàs Bossharts Fotografien zeigen eine Region, in der Traditionelles und Neues eine komplexe und nicht immer einfache Beziehung leben. Kleinbauer und Nahrungsmittelindustrie, Jodlerfest und Wettbewerb zur Wahl von Miss und Mister Thurgau, Kinderzirkus und Bordell, Hochleistungsmedizin und Wettpflügen treffen hier auf engstem Raum zusammen. Das Mittelmässige zeigt sich plötzlich als eine Vielfalt von Verschiedenem und als erstaunliche Fähigkeit, Verschiedenheit zu leben.
Im Projekt "Nord-Nordost" hat sich Barnabàs Bosshart das Ziel gesetzt, von dieser Mittelmässigkeit ein Bild zu machen, für sich und für alle andern. Seine Streifzüge durch den Thurgau haben so durchaus den Charakter einer ethnografischen Expedition. Mit Akribie spürt er dem Leben dieser Region nach, die ihm gleichzeitig bekannt und fremd ist. Barnabàs Bosshart ist im Thurgau aufgewachsen, lebt aber seit Jahren die meiste Zeit in Brasilien. Dort hat er die Wärme und Emotionalität gefunden, die ihm selber entspricht. Der Blick von Barnabàs Bosshart auf den Thurgau ist somit gleichzeitig intim und fremd. Er geht nahe an die Menschen heran, schaut ihnen ins Gesicht. Und bleibt doch immer distanziert, schaut mit Respekt und einer Perspektive, die geprägt ist durch eine gänzlich andere Lebenserfahrung.
Barnabàs Bossharts fotografische Bestandesaufnahme zeitigt ein irritierendes Ergebnis: ein Bild des Thurgaus, das gleichzeitig fremd und doch vertraut ist. Es ist nicht mehr das Bild jenes ländlich geprägten Thurgaus mit Pferdefuhrwerken und "Seegfrörni", den noch Hans Baumgartner mit unübertroffener Stimmigkeit porträtiert hat. Zwar gibt es auch bei Barnabàs Bosshart die stimmungsvollen Landschaften. Aber sie sind durchfurcht von Eisenbahn und Strasse. Landwirtschaftliche Produktion ist auch bei ihm ein Thema. Aber den Störmetzger von ehemals hat er nicht mehr gefunden. Dafür die Ausländerin, die mit ihren Kolleginnen in der automatisierten Geflügelmetzgerei täglich hunderte von Truten schlachtet, oder die Arbeiter in den ultrahygienischen Fabriken heutiger Nahrungsmittelproduktion. Und auch er zeigt uns Folklore und Brauchtum. Aber nicht mehr nur den Bettags-Ritt auf dem Nollen, sondern ebenso Out in the Green oder das türkische Ringen mit Teilnahme von Schweizer Ringern in Weinfelden. Es ist offensichtlich: Von jenem ländlich geprägten Thurgau gibt es nur noch Spuren. Barnabàs Bossharts Fotografien zeigen eine Region, in der Traditionelles und Neues eine komplexe und nicht immer einfache Beziehung leben. Kleinbauer und Nahrungsmittelindustrie, Jodlerfest und Wettbewerb zur Wahl von Miss und Mister Thurgau, Kinderzirkus und Bordell, Hochleistungsmedizin und Wettpflügen treffen hier auf engstem Raum zusammen. Das Mittelmässige zeigt sich plötzlich als eine Vielfalt von Verschiedenem und als erstaunliche Fähigkeit, Verschiedenheit zu leben.